Retrospektive
Die Ausstellung des Künstlers Dusan Mocko, 1962 in Bratislava geboren, heute in Deutschland wohnhaft, stellt eine Art Retrospektive seiner letzten 20 Jahre dar und lässt sich unter das Thema „Technik als Religion der heutigen Gesellschaft“ stellen.
Dusan Mockos Gesamtwerk bietet uns ein breites Spektrum an Kunstwerken, sowohl in der Hinsicht auf die technische Ausführung, als auch in der Hinsicht auf die Thematik und er zeigt uns damit seine Weiterentwicklung als Künstler. Er bietet uns eine bunte Farbpalette älterer und vor allem aktueller Werke- von großformatigen Gemälden, über Zeichnungen, Grafiken bis hin zu Großplastiken, Skulpturen und Installationen.
Der Künstler arbeitet in seinen Werken mit Mischtechniken. Aufgrund der Absolvierung der Kunstgewerbeschule (1977-81) und seines Studiums als Restaurator an der Kunstakademie (1981-87) in Bratislava (Slowakei), greift er auf Altmeistertechniken, wie zum Beispiel Polymentvergoldungen und mehrschichtige
Lasurenmalerei, zurück und kombiniert diese mit neuen Artefakten. Die Bildträger sind ausschließlich
Holzplatten. Durch seine Bildhauertätigkeit bearbeitet Dusan Mocko auch seine Gemälde oft dreidimensional.
So sind die wenigsten Werke zweidimensional und weisen meistens plastische Elemente, wie zum
Beispiel Löcher, abgetragene Stücke oder montierte Elemente in den Holzträgern, auf. Seine großformatigen
Gemälde zeigen eine Neuerung auf. Selbst aufgenommene Fotografien von menschlichen Modellen
lässt er in Lebensgröße auf Holzträger übertragen und übermalt diese anschließend mit Acrylfarben,
sodass sie einen collagehaften Charakter erhalten.
Die Großplastiken bestehen aus Abgüssen von Modellen, ebenfalls in Lebensgröße, welche anschließend, in Epoxyd gegossen, an der Oberfläche überarbeitet werden. Durch die Kombination und Verbindung von unterschiedlichen Materialien wie Stein, Bronze, Epoxyd, Holz oder Eisen, lassen sich die Großplastiken teilweise eher mit Installationen oder plastischen Collagen in Verbindung setzten.
Kontraste spielen in Dusan Mockos Gesamtwerk eine wesentliche Rolle. Die Einsetzung der Materialien und deren Bearbeitung hebt die ebenfalls kontrastreiche Thematik hervor. Die Plastiken weisen sowohl blank polierte, als auch mit tiefen und rauhen Strukturen versehene Oberflächen auf. Auch teilweise stark artifizielle Farben werden klassischen und altmeisterlichen Themen entgegengesetzt.
Die Intuitionen des Künstlers kommen aus verschiedenen Bereichen. Neben Lebenserfahrungen und
Erlebnissen spielen auch sein Studium an der Kunstakademie und der Beruf als Restaurator und Kunsthändler eine wesentliche Rolle. So kommt es, dass er Antiquitäten, zentrale Themen aus der Kunstgeschichte, mythologische Themen und Motive von großen Künstlerpesönlichkeiten aufgreift und in seinen subjektiven Kontext setzt.
Der Künstler sagt selbst: „Alles ist schon gegeben, alles umgibt uns, man muss es nur finden und aktualisieren“.
Ein Teil der Exponate besteht aus Gemälden und Plastiken welche sakrale Symbolik beinhalten. Hier setzt sich Dusan Mocko mit dem Einfluss des Glaubens auf die Menschen auseinander und stellt die These auf, dass die Technik der Glaube und die Religion der heutigen Gesellschaft ist, einer Gesellschaft welche größtenteils durch die fortschreitende Technisierung geprägt und manipuliert wird.
Unter diesem Aspekt lassen sich Werke wie z.B. die Madonna Futura, welche am Rücken mit vielen Kabeln anstatt mit Strahlen versehen ist oder Adam und Eva, deren Körperhälften aus imitierten Maschinenteilen bestehen, besser verstehen.
Dusan Mocko greift häufig auf Adam und Eva zurück. Adam und Eva, als Symbol für den Ursprung der Menschheit, der Apfel als Symbol für den Sündenfall. So wie Adam und Eva die Grenze gesetzt wurde nicht vom verbotenen Baum zu essen, so werden auch heute dem Menschen Grenzen gesetzt, welche er jedoch oftmals überschreitet und sich dadurch das Leben erschwert, verschlechtert oder gar auf dem Weg ist es auszulöschen. Das Thema der Grenzüberschreitungen greift der Künstler öfters in seinen Werken auf. Dem Menschen wurde der Verstand gegeben, um sich das Leben leichter zu machen, doch oftmals wird der Besitz des Verstandes ausgenutzt und das Ergebnis ist, dass der Verstand der Menschheit zu ihrer eigenen Waffe wird. Wie ein roter Faden – oder vielleicht sollte man besser sagen, wie ein ultramarinblauer Faden – ziehen sich Engelsflügel durch Dusan Mockos Gesamtwerk und beleben die Exponate mit einem Hauch von Transzendenz.
Aber warum Flügel?
„Wir sind alle Engel mit nur einem Flügel. Und wir können nur fliegen, wenn wir uns gegenseitig umarmen“ (Luciano de Crescenzo) . Flügel als Zeichen dafür, dass es doch viele Engel unter uns gibt welche uns immer wieder helfen. Flügel als Sehnsuchtszeichen, Hilfeschrei oder Freiheitssymbol, um dem alltäglich Wahnsinn, der uns umgibt entfliegen zu können. Flügel die, wenn man sie besitzen sollte, jedoch auch zum tiefen Sturz führen können.
Ein weiteres Themengebiet bilden Werke mit mythologischer Symbolik. Hierzu gehören die sogenannten Babylonien. Der Künstler lässt seine Bilder, Plastiken und Skulpturen in turmartigen Bauten enden und bezieht sich hierbei auf den Turmbau zu Babel. So wie die Menschen im alten Babylon versuchten den höchsten Turm der Welt zu Bauen um den Göttern im Himmel so nah wie möglich zu sein, so strebt auch der heutige Mensch immer mehr nach materiellem Reichtum. Dusan Mocko kritisiert und konstatiert in seinen Werken, dass die Menschen oftmals auf einem falschen Weg ihre Ziele erreichen, da sie meistens nach dem materiellen und nicht nach dem geistigen Weg streben. So greift er auch weitere mythologische
Sagen auf, wie die des Prometheus, der für die Menschen den Göttern Feuer stahl, um der Menschheit Licht zu bringen und als Strafe an einen Felsengrund gekettet wurde und täglich ein Adler von seiner Leber fraß, die sich unablässig erneuerte. Diese Legende vergleicht der Künstler mit der Menschheit und versucht uns in seinen Werken zu zeigen, dass die Menschen ihre Evolution geopfert haben und als Strafe dafür die Technik die Menschheit zerfrisst.
Die Hochmut und das Ausnützen von bestimmten Fähigkeiten stellt der Künstler mit Anspielungen auf
den Flug des Ikarus in Frage.
Auch Gabriels Apokalypse, eine 3,5 Meter hohe Installation aus einer Kombination von zwei Epoxydabgüssen von menschlichen Modellen und einem klassizistischen Kabinett, wirkt als Aufforderung, als Kritik oder gar als Mahnung an uns selbst.
Gabriel verkörpert bekanntlich den Erzengel, der die Welt der Gefühle, der Emotionen und des Unterbewusstsein regiert. In Gabriels Apokalypse des Künstlers steht der Engel mit ausgebreiteten Flügeln auf einer Opfergabe, die auf einem Sarkopharg der Emotionen ruht. Die Figur des Gabriels zeigt in der Mitte einen Riss auf und deutet auf die Zwiespältigkeit des Engels. Er ist zwischen der Welt der Seeligen und der Seelenlosen hin und her gerissen und kann daher noch nicht in den Himmel entfliegen, da ihn Sünden und Visionen auf der Erde halten. Ein andere Teil der Exponate besteht wiederum aus Werken bei welchen
Dusan Mocko seinen künstlerischen Trieb wüten lies. Musen, Visionen, Illusionen und Träume schufen den Nährboden für seine Werke und haben zur Folge, dass der Künstler teilweise in Sphären zu schweben scheint, welche uns wohl niemals
zugänglich sein werden.
So dürfen wir uns auch über die ersten Autoporträts freuen, in welchen sich der Künstler selbst, dramatisch oder eher ironisch, in Szene setzt und unseren Blick auf die schönen, lächerlichen und komischen Seiten des Lebens lenkt.
Im nachfolgenden Katalog gewährt uns der Künstler durch kurze Beschreibungen zu den Abbildungen in seine Gedankenwelt Einblick, lässt dem Betrachter aber auch einen großen Freiraum offen, um sich in den Werken auf die Suche nach seinem eigenen Leben zu begeben.
Barbara Mocko